Im BS2000 wird jede Platte durch einen Tabelleneintrag in der PDT (Physical Device Table) repräsentiert. Jeder I/O-Auftrag für eine Platte wird vom Gerätetreiber in Form eines Kanalprogrammes an die I/O-Steuerung IOCNTRL zur Ausführung weitergereicht.
Wenn im PDT-Eintrag angezeigt wird, dass das Gerät nicht aktiv ist, wird der I/O-Auftrag gestartet. Jeder weitere I/O-Auftrag für dieses Gerät wird von IOCNTRL zunächst nur in eine Gerätewarteschlange eingereiht. Erst wenn das Gerät nicht mehr aktiv ist, wird der nächste Auftrag aus der Warteschlange gestartet.
Da zu einem Zeitpunkt also nur ein I/O-Auftrag pro Platte erlaubt ist, setzt sich die Gesamtdauer einer I/O zusammen aus der eigentlichen I/O-Dauer in der Hardware und der Wartezeit.
Hohe Wartezeiten können dadurch verursacht werden, dass:
mehrere Anwendungen gleichzeitig mit hoher I/O-Last auf einer Platte arbeiten
eine Anwendung ihre I/O-Aufträge asynchron an IOCNTRL abgibt
Bild 5: Mehrere Anwendungen mit I/O-Last auf einer Platte (traditionell)
Für die Realisierung der PAV-Funktionalität nutzt BS2000 die Tatsache aus, dass am Fibre Channel ein Gerät einen I/O-Auftrag bereits annehmen kann, während noch eine I/O aktiv ist. Im RAID-System darf jedoch das „Command Queuing“ nicht ausgeschaltet sein. PAV kann ohne Eingriffe am RAID-System in Betrieb genommen werden.
Ein logisches Parallel Access Volume wird durch ein sog. Basis-Gerät (BASE) und bis zu 7 Alias-Geräten (ALIAS) repräsentiert. Basis- und Alias-Geräte werden bei der Hardware-Generierung als eigenständige Geräte gleichen Typs mit unterschiedlichen Unit-Adressen und unterschiedlichen mnemotechnischen Gerätenamen, jedoch in derselben logischen Steuerung generiert.
Die Generierung von Alias-Geräten erfolgt mit IOGEN (siehe Handbuch „Systeminstallation“ [55]) oder im laufenden Betrieb mit dem Kommando ADD-IO-UNIT, Operand PAV-ALIAS-DEVICE.
Den Zusammenhang zwischen Basis-Gerät und Alias-Geräten ermittelt BS2000 dynamisch beim Zuschalten eines Geräts mit dem Kommando ATTACH-DEVICE. Erkennt BS2000 ein Basis-Gerät, dann wird nach zugehörigen Alias-Geräten an derselben logischen Steuerung gesucht. Diese Alias-Geräte werden implizit zugeschaltet. Alias-Geräte können auch explizit mit ATTACH-DEVICE zugeschaltet werden. Ein Alias-Geräts kann aber nicht zugeschaltet werden, wenn das zugehörige Basis-Gerät nicht zugeschaltet ist.
Beim Wegschalten eines Basis-Geräts mit dem Kommando DETACH-DEVICE werden zugehörige Alias-Geräte implizit weggeschaltet. Ein Alias-Gerät kann auch explizit mit DETACH-DEVICE weggeschaltet werden.
Wenn ein Basis-Gerät und seine Alias-Geräte zugeschaltet sind, dann kann IOCNTRL I/O-Aufträge für das PAV parallel über Basis- und Alias-Geräte starten.
Bild 6: Mehrere Anwendungen mit I/O-Last auf einer Platte (PAV)
Die Belegung eines PAV-Volumes (Kommando IMPORT-PUBSET bzw. SET-DISK-PARAMETER) erfolgt über das Basis-Gerät. Auch die Aufträge für Lese- oder Schreib-I/Os in BS2000 erfolgen über das Basis-Gerät.
Erst IOCNTRL verteilt die I/Os in Abhängigkeit der Auslastung von Basis- und Alias-Geräten auf eines von diesen. Dabei bevorzugt IOCNTRL im native mode bei gleicher Auslastung das Basis-Gerät.
Mit dem Kommando SHOW-DEVICE-CONFIGURATION ...,INFORMATION=*PAV können Informationen über alle PAV-Geräte ausgegeben werden.
Hinweise zum Einsatz unter VM2000
Um unter VM2000 eine möglichst gleichmäßige Verteilung der I/Os für Shared-Platten zu erreichen, bevorzugt IOCNTRL in den Gastsystemen das Basis- oder ein Alias-Gerät in Abhängigkeit vom VM-Index der virtuellen Maschine.
Basis- oder Alias-Gerät können jedoch auch Gastsystem-spezifisch explizit definiert werden. Dazu steht das Kommando MODIFY-IO-UNIT UNIT-DEVICE=*DEVICE(NAME=..., STATE=*PAV-PREFERRED-DEVICE(...)) zur Verfügung. Für jedes Gastsystem kann ein bevorzugtes Alias-Gerät für die I/O-Ausführung festgelegt werden.
Ausführliche Informationen zu PAV unter VM2000 finden Sie im Handbuch „VM2000“ [60].
Einsatzempfehlungen für PAV
Für Plattenspeichersysteme ETERNUS wird der Einsatz von PAV dringend empfohlen.
PAV bringt enorme Verbesserungen bei TP- und Batch-Betrieb, wenn ein großer Teil der Daten im Cache des Plattenspeichersystems liegt. Cache-Hits werden gleichzeitig bedient, parallel dazu kann ein Cache-Miss mit physikalischem Plattenzugriff ausgeführt werden. Für eine stark ausgelastete Platte mit n-pfadigem Anschluss kann es daher sinnvoll sein, n-1 Alias-Geräte zu generieren. Damit kann der n-fache Durchsatz einer Platte ohne Alias-Geräte erreicht werden.
Bei der Datensicherung muss davon ausgegangen werden, dass der Cache nicht ausreicht, die Daten also beim Sichern von den Platten geholt, bzw. beim Restore auf die Platten geschrieben werden müssen. Dies geschieht innerhalb des Plattenspeichersystems hoch-optimiert durch asynchrones „Read Ahead“ bzw. „Delayed Fast Write“. Die Leistung dieser Funktionen beschränkt den Durchsatz bei der Datensicherung.
Für eine optimale Datensicherung wird ein Einsatz „großer“ Raid-Systeme mit schnellen Platten empfohlen sowie die Generierung von ausreichend vielen Alias-Geräten.
Extended PAV (XPAV)
Mit der Funktion „Extended PAV (XPAV)“ wird die Einschränkung, dass ein Alias-Gerät in derselben logischen Steuerung wie das Basis-Gerät liegen muss, aufgehoben. Zusätzlich zu einer vorhandenen logischen Steuerung können eine oder mehrere logische Steuerungen mit 256 Alias-Geräten konfiguriert werden.
XPAV eignet sich insbesondere für Konfigurationen, in denen PAV nicht von Anfang an eingeplant wurde oder in denen keine oder nur wenige freie Adressen für Alias-Geräte zur Verfügung stehen.
Zwei XPAV-Varianten sind möglich:
Wenn die vorhandene logische Steuerung und die zusätzliche Steuerung mit den Alias-Geräten an denselben Steuerungsports generiert werden, dann ist kein manueller Eingriff in der Plattensteuerung und auch keine zusätzliche Verkabelung erforderlich.
Wenn die vorhandene logische Steuerung und die zusätzliche Steuerung mit den Alias-Geräten an unterschiedlichen Steuerungsports generiert sind, dann müssen die Volumes in der Platten-Steuerung zusätzlichen Ports zugewiesen werden. Auch kann eine zusätzliche Verkabelung für die Alias-Geräte erforderlich werden.
Die Generierungs-Einschränkungen sind im Handbuch „Systeminstallation“ [55] beschrieben.
Dynamisches PAV (DPAV)
Statisches PAV verlangt eine vorausschauende Planung auf die zukünftige Geräteauslastung durch Generierung geeignet vieler Alias-Geräte. Es ist natürlich auch möglich, allen Platten im Voraus ein oder mehrere Alias-Geräte zuzuweisen.
Dynamisches PAV (die IORM-Funktion DPAV, siehe "IORM: Steuerung von I/O-Ressourcen") kommt mit weniger Alias-Geräten aus. Wie beim statischen PAV müssen Alias-Geräte generiert werden, es ist jedoch nicht erforderlich, für jedes Volume im Voraus die maximal benötigten Alias-Geräte vorzusehen. DPAV weist autonom Alias-Geräte denjenigen Volumes zu, die am meisten davon profitieren.
Schnelles Dynamisches PAV (FastDPAV)
Die Funktion „FastDPAV“, ein optimiertes DPAV, wird für Server Units SU /390 angeboten, die eine Modifikation der Logical Unit Number (LUN) für Alias-Geräte beim Starten einer I/O unterstützen.
Vorteile von FastDPAV gegenüber Statischem PAV:
- FastDPAV benötigt deutlich weniger Alias-Geräte.
- Mit FastDPAV sind mehr ‚normale‘ Volumes, Clones und Snaps am Kanal möglich.
- FastDPAV ermöglicht größere Volumes bei gleicher I/O-Performance.
Vorteile von FastDPAV gegenüber DPAV:
- FastDPAV benötigt kein IORM für Überwachung der Geräteauslastung und Umschaltung.
- FastDPAV erfordert keine Koordination mit anderen Systemen.
- Bei Bedarf sind Alias-Geräte sofort verfügbar.
Beim FastDPAV wird für eine Menge von Logischen Volumes mit identischen Kanalpfaden (Verbindung vom Kanal zum Port am Plattenspeichersystem) ein Pool von FastDPAV-Alias-Geräten generiert ohne feste Zuordnung zu einem dieser Logischen Volumes. Für ein FastDPAV-Alias-Gerät wird die LUN jeweils erst beim Starten einer I/O vorgegeben/modifiziert.
Hinweise zum Einsatz
Im Native-Betrieb werden alle generierten FastDPAV-Alias-Geräte vom BS2000 automatisch für die I/O-Nutzung aktiviert.
Im VM-Betrieb werden von den generierten FastDPAV-Alias-Geräten diejenigen vom BS2000 aktiviert, die dem Gastsystem (bzw. Monitorsystem) exklusiv zugewiesen wurden. Die Zuweisung kann explizit (mit ADD-VM-DEVICES) erfolgen oder implizit (mit ATTACH-DEVICE), falls das System dafür berechtigt ist.
Bei der I/O-Ausführung berücksichtigt BS2000 nur die zuvor aktivierten FastDPAV-Alias-Geräte.
Eine Deaktivierung wird mit DETACH-DEVICE ermöglicht. Im VM-Betrieb erfolgt zusätzlich ein Entzug des Alias-Gerätes von der virtuellen Maschine, falls es nur implizit zugewiesen wurde.
FastDPAV kann mit und ohne Statischem PAV betrieben werden.